Blick hat in diesem Mehrfamilienhaus in Aarburg nachgefragt. Dort leben Menschen aus unterschiedlichen Kulturen und mit unterschiedlichen Gehältern. Der Benzinpreis an der Zapfsäule ist in der Schweiz nach wie vor hoch. Strom wird teurer. Die Krankenkassenprämien steigen wieder. Und auch andere Waren wie Kaffee oder Toast dürften in Zukunft teurer werden. Für viele Menschen sind die monatlichen Ausgaben kaum zu bewältigen. Besonders betroffen sind Menschen, die ohnehin schon wenig haben – etwa Sozialhilfeempfänger. So fragte Blick in einem Mehrfamilienhaus in Aarburg AG nach. Dort leben Menschen aus unterschiedlichen Kulturen und mit unterschiedlichen Gehältern. Aber alle sind sich einig: Das Geld wird knapper!
“Ich möchte ohne Existenzängste leben”
Claudia Gibba (46) arbeitet zu 70 Prozent und muss bald zum Sozialamt, um “über die Runden zu kommen”, sagt sie. Mit 3500 Franken brutto im Monat kann er als Bauer nicht über die Runden kommen. „Ich habe eine 15-jährige Tochter und brauche das Auto auch zum Arbeiten.“ 400 Franken im Monat kostet es allein fürs Gas locker. “Nur damit ich zur Arbeit fahren kann.” Kommen noch Kosten für Strom und Krankenversicherung hinzu, “werden meine Probleme noch größer”, sagt Gibba. “Ich möchte einfach ohne Existenzangst leben und jederzeit meine Rechnungen bezahlen können.” Er kann schon lange nicht mehr gut schlafen. Es verpflichtet den Staat, den Working Poor, also denjenigen, die trotz Erwerbstätigkeit unter Armut leiden, eine Beihilfe zu gewähren. “Aber wir werden sicherlich enttäuscht werden.”
„Aber das Geld reicht nicht“
Daniel Stauffer (59) muss von 2600 Franken vom Staat leben. Er ist IV-Empfänger. «Mit dem Geld bezahle ich jeden Monat Rechnungen von 1600 Franken und brauche 1000 Franken zum Leben», sagt der ehemalige Heimwerker. “Aber das Geld reicht nicht.” Er hat kein Auto und macht sich schon Gedanken über die höhere Stromrechnung. Sein einziger Wunsch wäre, seine Freundin öfter zu besuchen. Das Problem: “Bus und Bahn kosten auch.” Bleibt nur zu hoffen, dass Anfang 2023 die Grundbedürfnisse angepasst werden. Stauffer zu Blick: «Es wäre toll, wenn ich mehr Geld bekomme.»
Reichen 20 Franken mehr pro Monat?
Denn: «Am meisten profitieren zumindest im Aargau die Sozialhilfeempfänger», sagt Martina Bircher (38), Sozialdirektorin in Aarburg und SVP-Landesrätin. Denn: „Schon heute steht fest, dass sie – anders als die Working Poor – den Teuerungsausgleich zum 1. Januar 2023 sicher erhalten.“ Darüber hinaus wird die Bezahlung der Grundbedürfnisse an sie erhöht. “Dadurch kommt den Sozialhilfeempfängern noch mehr Geld zugute als vorher.” Der Sprung ist nicht gerade groß. Der Grundbedarf für einen Einpersonenhaushalt steigt von derzeit 986 Franken auf 1006 Franken. «Auch wenn es ‹nur› 20 Franken im Monat sind – das sind immer noch 240 Franken Taschengeld mehr im Jahr», sagt Bircher. “Außerdem wird ihre Wohnung inklusive Nebenkosten und Krankenversicherung, die ebenfalls teurer wird, auch vom Staat bezahlt.”
“Nach und nach habe ich kein gutes Gefühl mehr in diesem Land”
Davon kann Christian Hubacher (66) nur träumen. Der ehemalige Techniker geht in den Ruhestand, muss aber als Vorarbeiter arbeiten und verdient so 1700 Franken zusätzlich. «Eine Rente von 2199 Franken reicht nicht zum Leben», sagt er. Zusatzleistungen sind ein Tropfen auf den heißen Stein. “In der Schweiz vergisst man die alten Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben.” Die Lobby kümmert sich lieber um höhere Gaspreise, Krankenkassenprämien und Strompreise. “Ich fange an, Mitleid mit diesem Land zu haben”, sagte Hubacher. Er würde seine Lebenshaltungskosten auf ein Minimum beschränken. „Ich schätze, ich muss unter einer Brücke schlafen, um mehr Geld zu bekommen. Vom Staat erwarte ich mehr soziales Engagement.“
Auch Eltern müssen sparen
Unglücklich sind auch Eltern, die künftig mehr Geld ausgeben müssen. „Seit ich Mutter geworden bin und meinen Job als Wohnungsberaterin aufgegeben habe, verdiene ich momentan nichts“, sagt Rabia Cosgun (29). Das versteht sich natürlich finanziell, auch wenn ihr Mann arbeitet. „Einer muss plötzlich für drei Leute arbeiten. Hinzu kommen Preiserhöhungen. Das muss man sich anschauen“, sagt Cosgun. Am Ende des Monats bleibt nicht mehr viel zum Sparen übrig. Sie wünscht sich vor allem, dass der Staat ihr einen längeren Mutterschaftsurlaub gewährt. „Das wäre hilfreich und motivierender, wieder in die Arbeitswelt einzusteigen.“ Die zweifache Mutter macht sich Gedanken über die Restpreise: „Wenn ich etwas mehr bezahle, erwarte ich mehr. Zum Beispiel, dass man es schneller erreicht, wenn man krank ist.“ In ein anderes Land will Cosgun allerdings nicht ziehen: «Dafür liebe ich die Schweiz zu sehr.»
Sie müssen nie wieder zum Sozialamt gehen
Auch der Türke Birol Coban (52) will in der Schweiz bleiben. „Auch wenn alles immer teurer wird“, sagt die Reinigungskraft in Teilzeit. Hauptgrund sind seine drei Kinder (5, 14, 18), die hier in der Schweiz integriert sind. Natürlich sind sein Gehalt von 900 Franken im Monat und das seiner Frau (3500 Franken), die ebenfalls Putzfrau ist, knapp bemessen. Aber: „Genug. Ich kann einfach nicht jeden Tag einen Kaffee trinken gehen.” Coban ist besonders besorgt über Menschen, die zu Sozialdiensten gehen müssen. “Ich musste es auch tun und ich will es nie wieder tun.” Die Eritreerin Negasi Gebreselasie (30) kam vor sieben Jahren als Flüchtling in die Schweiz. „Ich kann jetzt normal arbeiten, habe eine Wohnung und einen Gebrauchtwagen“, sagt die Kuratorin stolz. Er verdient 4000 Franken brutto. „Natürlich“, sagt Gebreselasie, „wird auch für mich alles teurer, und bis Ende des Monats ist alles weg. Aber am Ende ist es hier in der Schweiz immer noch besser als in anderen Ländern.»